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Stahlgipfel legt Maßnahmenpaket für die Stahlindustrie fest
Beim Stahlgipfel im Kanzleramt am 6. November einigten sich Bundesregierung, Gewerkschaften und Industrie auf konkrete Schritte zur Stabilisierung der deutschen Stahlbranche. Kanzler Merz hob die strategische Bedeutung der Branche für den Industriestandort Deutschland hervor und kündigte an, sich in Brüssel für EU-weite Schutzzölle gegen Billigimporte aus Asien einzusetzen. Zudem soll ab dem 1. Januar 2026 ein vergünstigter Industriestrompreis eingeführt werden, der mit der bestehenden Strompreiskompensation kombiniert werden darf. Ein Schwerpunkt liegt auf der Förderung von European Local Content. Öffentliche Aufträge und private Großprojekte sollen künftig Stahl aus europäischer Produktion bevorzugen. Die Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt vor Verzögerungen bei der Umsetzung, weil heute rund 5,5 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland direkt oder indirekt von der Stahlbranche abhängen. Kritisch bemerkt wird, dass die Dekarbonisierung der Stahlproduktion im Dialog kaum thematisiert wurde. Das könnte langfristig die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.
Industriestrompreis 2025: Aktuelle Entlastung, aber geplante Maßnahmen reduziert
Die Stromkosten für energieintensive Unternehmen sind 2025 deutlich gesunken, bleiben jedoch volatil. Laut BDEW betrugen die durchschnittlichen Industriestrompreise im Januar 2025 17,99 ct/kWh für Unternehmen ohne Vergünstigungen und 11,69 ct/kWh für begünstigte Betriebe. Die EU-Kommission hat grünes Licht für staatliche Beihilfen gegeben, damit ab 2026 ein dauerhafter Industriestrompreis entsteht. Ursprüngliche Entlastungen wie die Reduzierung der Stromsteuer auf 0,05 ct/kWh oder die Halbierung der Netzentgelte wurden abgeschmolzen. Stattdessen soll die vorläufige Senkung der Stromsteuer ab 2026 gesetzlich verankert werden. Experten schätzen, dass dies Unternehmen rund fünf Milliarden Euro entlasten könnte. Branchenverbände warnen, dass günstiger Strom allein nicht ausreiche. Ohne Perspektive für eine klimaneutrale Stahlproduktion droht mittelfristig der Rückzug internationaler Investoren.
Schutz vor Billigimporten aus China im Fokus des Stahlgipfels
Um die heimische Stahlindustrie vor Dumping-Importen zu schützen, will die Bundesregierung EU-weit strengere Handelsschutzmaßnahmen durchsetzen. China überschwemmt den Markt mit überproduziertem Billigstahl, was deutsche Hersteller unter Druck setzt. Die Länder Bremen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und das Saarland betonten vor dem Gipfel die Notwendigkeit von Schutzzöllen, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung zu sichern. Gleichzeitig soll die Abhängigkeit von russischem Stahl reduziert werden. Der Ukraine-Konflikt erhöht die Brisanz dieser Forderung.Dekarbonisierung der Stahlproduktion erfordert Milliardeninvestitionen und Wasserstoff
Für die Transformation hin zu klimaneutralem Stahl sind erhebliche Investitionen in neue Technologien nötig. Dazu gehören Direktreduktionsanlagen mit grünem Wasserstoff. Da Wasserstoff teuer und knapp ist, soll vorübergehend auch blauer Wasserstoff aus Erdgas zugelassen werden. Neue Anlagen in Duisburg und Salzgitter, gefördert durch staatliche Milliardenhilfen, markieren den Anfang. Die Branche warnt jedoch, dass ohne dauerhaft niedrige Strompreise und klare politische Rahmenbedingungen Verlagerungen ins Ausland drohen. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit gefährden.
Arbeitsplatzsicherung durch Standortbindung der Stahlproduktion
Rund 5,5 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland hängen direkt oder indirekt von der Stahlindustrie ab. Gewerkschaften und Landesregierungen fordern daher Verantwortung der Unternehmen für den Standort und die Vermeidung von Werkschließungen. Die IG Metall betont, dass politische Zusagen nur wirken, wenn sie mit konkreten Investitionen in heimische Produktionsstätten verbunden werden. Warnungen vor dauerhaften Wertschöpfungsverlusten von bis zu 50 Milliarden Euro bei einer Verlagerung ins Ausland unterstreichen die Dringlichkeit, die Industriebasis Deutschlands zu erhalten.
Seltene Erden verteuern sich deutlich – Terbium und Gadolinium unter Druck
Die Preise für kritische Seltene Erden steigen weiter stark. Terbium verteuerte sich um 19 Prozent, Gadolinium um 17 Prozent. Der Gesamtindex für Seltene Erden stieg im dritten Quartal 2025 um 8,2 Prozent. Grund sind Exportbeschränkungen Chinas, die die Märkte seit Monaten destabilisieren. Deutsche Zulieferer, die diese Metalle für Elektromotoren und Hochleistungsmagnete benötigen, tragen erhebliche Kostenrisiken. Branchenverbände warnen, dass die anhaltende Preisdynamik die Wettbewerbsfähigkeit mittelständischer Unternehmen belastet.
Deutsche Autoindustrie bleibt stark von chinesischen Rohstoffen abhängig
Die deutsche Automobilbranche ist bei Schlüsselkomponenten für E-Fahrzeuge stark von China abhängig. Studien zeigen, dass 70 Prozent der weltweit produzierten Batteriezellen aus chinesischen Werken stammen. Europäische Fabriken halten nur 13 Prozent Marktanteil, und davon stammen 97 Prozent von chinesischen oder südkoreanischen Konzernen. Kritisch ist die Abhängigkeit von Seltenerd-Magneten, die in Elektromotoren unverzichtbar sind. Große Hersteller wie VW, BMW und Mercedes verloren zuletzt Marktanteile in China. Zugleich investieren deutsche Autokonzerne verstärkt in chinesische Forschungszentren, um lokale Anforderungen zu erfüllen. Das schafft langfristig neue Abhängigkeiten.
Kurzfristige Lösungen und Recycling als Ausweg
Experten setzen auf kurzfristige Beschaffungsstrategien und langfristige Alternativen, um Rohstoffknappheit zu lindern. Die vbw fordert eine verstärkte Nutzung heimischer Vorkommen und internationale Partnerschaften wie das aktuelle US-Australien-Abkommen. Zudem soll Forschung in Recyclingverfahren vorangetrieben werden. Bereits heute arbeiten Unternehmen an Substitutionsmaterialien, um den Bedarf an Seltenen Erden zu senken. Länder wie Thailand, das 2024 seine Produktion um 260 Prozent steigerte, und Grönland gewinnen an Bedeutung. Der Aufbau neuer Lieferketten dauert Jahre. Mittelständische Zulieferer müssen bis dahin mit volatilen Preisen und Engpässen umgehen.
Nexperia-Lieferengpass bedroht Just-in-Time-Produktion in der Automobilbranche
Die europäische Autoindustrie sieht sich durch den Lieferstopp des Halbleiterherstellers Nexperia vor schweren Produktionsausfällen. Der Verband ACEA warnte am 16. Oktober vor erheblichen Störungen, falls die Chiplieferungen nicht bald wieder aufgenommen werden. Hintergrund ist ein Konflikt zwischen den Niederlanden und China. Die niederländische Regierung übernahm die Kontrolle über Nexperia, um einen Technologietransfer an den chinesischen Mutterkonzern Wingtech zu verhindern. China stoppte daraufhin den Export bestimmter Chips, die in Europa produziert, in China jedoch verpackt werden. VW und BMW sind besonders betroffen, da sie auf diese diskreten Halbleiter für Steuergeräte und Sensoren angewiesen sind. Die Lagerbestände reichen Berichten zufolge nur noch für vier bis sechs Wochen. Just-in-Time setzt keine Puffer voraus, daher drohen Produktionsstopps, besonders bei Modellen wie dem VW Golf.
Automobilhersteller bauen Sicherheitsbestände gegen Lieferengpässe aus
Angesichts wiederkehrender Lieferengpässe bei Halbleitern setzen Automobilhersteller vermehrt auf Sicherheitsreserven statt auf reines Just-in-Time. Unternehmen wie BMW und thyssenkrupp Automotive Systems lagern strategische Reserven ein. Die Industrie will Produktionsausfälle in Krisen verhindern. Gleichzeitig bauen Hersteller regionale Liefernetzwerke auf. Zulieferer siedeln sich in Industrieparks vor Werkstoren an, um Lieferwege zu verkürzen. Experten sehen in dieser Mischung aus Just-in-Case und digitalen Lieferketten-Tools eine höhere Resilienz. Die Nexperia-Krise zeigt zudem, wie politische Spannungen globale Lieferketten treffen und mittelständische Zulieferer vor neue Herausforderungen stellen.
Quellen
https://www.igmetall.de/presse/pressemitteilungen/stahlgipfel-energiepreise-local-content
https://www.vattenfall.de/geschaeftskunden/ves/magazin/energie/industriestrompreis
https://taz.de/Stahlgipfel-im-Kanzleramt/!6127179/
https://www.smard.de/page/home/topic-article/444/215830/entwicklung-der-industriestrompreise
https://www.wattline.de/energie-einkaufsgemeinschaft/industriestrom/
https://www.bdew.de/service/daten-und-grafiken/bdew-strompreisanalyse/
https://www.cleanthinking.de/stahlgipfel-teurerer-stahl-gut-deutschland/
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Bundesregierung-laedt-zu-Stahl-Krisengipfel-article26143972.html
https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/stahlgipfel-muss-erfolg-werden-476655
https://duisburg-dinslaken.igmetall.de/news/stahlgipfel-im-kanzleramt-wichtige-zusagen-viel-arbeit
https://taz.de/Autoindustrie-bedroht-aus-China/!6108148/
https://www.boersen-zeitung.de/kapitalmaerkte/wettrennen-um-seltene-erden-gewinnt-an-brisanz
https://www.golem.de/news/wegen-nexperia-autoindustrie-warnt-vor-produktionsstopp-2510-201254.html
https://new.abb.com/news/de/detail/101409/automobilhersteller-uberdenken-just-in-time-ansatz
