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Der Oktober zeigt einen deutlichen Zuwachs bei Aufträgen in der deutschen Industrie. Laut dem Statistischen Bundesamt stiegen Bestellungen im verarbeitenden Gewerbe um 1,5 Prozent gegenüber dem Vormonat. Besonders stark fiel der Anstieg der Inlandsaufträge aus, der knapp zehn Prozent erreichte. Hintergrund sind gestiegene Militärausgaben der Bundesregierung, die als konjunktureller Impuls wirken. Thomas Gitzel von der VP Bank bestätigt, dass die Verteidigungsinvestitionen direkt in den Auftragsbüchern sichtbar werden. Ohne Großprojekte wäre das Wachstum geringer ausgefallen. Der Trend deutet auf eine Stabilisierung nach längeren Rezessionsphasen hin.
Mittelständische Zulieferer rücken in den Fokus
Für kleine und mittlere Unternehmen eröffnen sich neue Perspektiven. Die Rüstungsindustrie in Deutschland ist stark von mittelständischen Zulieferern abhängig, die technisches Know-how und Fertigungstiefe mitbringen. Unternehmen wie Rheinmetall oder Diehl Defence arbeiten mit bis zu 23.000 Lieferanten zusammen, überwiegend aus dem Mittelstand. Branchenverbände wie der BVMW unterstützen Firmen beim Einstieg in den sicherheitsrelevanten Sektor. Dazu gehören Beratung zu Zertifizierungen, Hilfe bei der Anpassung an militärische Qualitätsstandards und die Vermittlung zu Systemhäusern. Ein Beispiel ist Hirsch Engineering aus Bayern. Früher produzierte das Unternehmen überwiegend für die Automobilbranche. Heute liefert es Bauteile für Luft- und Raumfahrt sowie Rüstungssysteme und hat den Umsatz verdoppelt.
Großprojekte beschleunigen die Dynamik
Die Bundesregierung treibt die Auftragslage durch konkrete Großvorhaben voran. Im Rahmen der Zeitenwende wurden 14 Rüstungsprojekte im Wert von sieben Milliarden Euro freigegeben, darunter Beschaffungen neuer Eurofighter-Tranchen und Modernisierungen der Boxer-Panzerserie. Zudem plant das Verteidigungsministerium umfangreiche Munitionsbestellungen, wie den kürzlich vergebenen Auftrag über 8,5 Milliarden Euro an Rheinmetall für Artilleriemunition. Diese Projekte wirken sich nicht nur auf die großen Systemhäuser aus, sondern schaffen auch Nachfrage bei kleineren Zulieferern. Um Synergien zwischen ziviler und militärischer Produktion zu nutzen, wurde eine staatliche Matching-Plattform gestartet. Sie vernetzt Autozulieferer wie Schaeffler mit Rüstungsunternehmen, um gemeinsame Lieferketten für Drohnen oder Waffensysteme aufzubauen.
Skepsis bleibt trotz positiver Signale
Trotz der Auftragszuwächse warnen Ökonomen vor überzogenen Erwartungen. Die gestiegenen Militärausgaben kompensierten zwar kurzfristig schwache Auslandseinnahmen, doch der Oktober verzeichnete einen Exportrückgang von vier Prozent. Experten führen dies auf Handelshemmnisse wie US-Zölle zurück, die exportorientierte Unternehmen belasten. Zudem bleibe die Abhängigkeit von staatlichen Großaufträgen riskant, da diese stark schwanken und langfristig nicht das gesamte industrielle Umfeld stabilisieren könnten. Ein Seniorökonom der LBBW betont, dass die allgemeine Konjunkturlage weiterhin angespannt bleibe. Die positiven Zahlen seien ein Hoffnungsschimmer, doch eine nachhaltige Erholung der Industrie bleibe ein weiter Weg. Mittelständler müssten zudem die hohen Anforderungen der Rüstungsbranche beachten, etwa strengere Sicherheitsvorschriften oder längere Entwicklungszyklen, um wirtschaftlichen Engpässen vorzubeugen.
