Inhaltsverzeichnis
Nicola Leibinger-Kammüller, Vorsitzende des Lasertechnik-Unternehmens Trumpf, plädiert dafür, den Ostermontag als gesetzlichen Feiertag abzuschaffen, um den Industriestandort Deutschland zu stärken. Sie verweist auf die hohe Zahl von Feiertagen und Krankheitstagen hierzulande im Vergleich zu Polen, China oder den USA. Ihrer Ansicht nach hat sich die globale Arbeitswelt verändert. Deutschland müsse seine Produktivität erhöhen, um Industriearbeitsplätze langfristig zu sichern.
Historische Begründung und internationale Wettbewerbslage
Leibinger-Kammüller erinnert daran, dass der Ostermontag ursprünglich religiöse Prozessionen begleitete, die heute kaum noch stattfinden. Gleichzeitig arbeiten Arbeitnehmer in Deutschland im Jahresdurchschnitt deutlich weniger Stunden als in Nachbarländern. Daten zeigen, dass die jährlichen Arbeitsstunden hierzulande bei 1343 Stunden liegen, während Italiener 391 Stunden mehr arbeiten. Für stark exportorientierte Branchen wie den Maschinenbau bedeutet diese Lücke ein Risiko für die Abwanderung von Produktion. Die Trumpf-Chefin betont, dass Lösungen gefunden werden müssten, um die Arbeitszeiten zu erhöhen, ohne die Gesundheit der Mitarbeitenden zu gefährden.
Ökonomische Perspektiven: Chancen und Risiken
Mehrere Wirtschaftsvertreter unterstützen die Idee, zumindest einen zusätzlichen Feiertag zu streichen. Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer sieht darin einen Beitrag zur Finanzierung staatlicher Vorhaben wie Infrastruktur oder Klimaschutz. Ökonomen weisen darauf hin, dass besonders im Frühjahr wetterabhängige Branchen wie das Bauwesen von zusätzlichen Arbeitstagen profitieren könnten, wenn Oster- oder Pfingstmontag entfielen. Kritisch bleibt, dass frühere Experimente wie die Abschaffung des Buß- und Bettags 1995 kaum messbare wirtschaftliche Effekte zeigten. Zudem warnen Experten davor, Produktivität allein von der Anzahl der Arbeitstage abhängig zu machen; Innovation und bessere Arbeitsbedingungen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle.
Gewerkschaftliche Bedenken und soziale Folgen
Die Deutsche Gewerkschaftsgemeinschaft, kurz DGB, lehnt die Forderung entschieden ab. Ein gestrichener Feiertag bedeute mehr Arbeit ohne finanziellen Ausgleich, was einer versteckten Lohnkürzung gleichkäme. Zudem trügen gesetzliche Feiertage zur Erholung bei und würden langfristig Überlastung verhindern. Studien der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, dass psychische Belastungen und Fehltage bereits heute zunehmen. Eine weitere Ausweitung der Arbeitszeit ohne flexible Modelle könnte diese Entwicklung verschärfen. Betriebsräte in produzierenden Unternehmen berichten zudem von steigendem Widerstand gegen Arbeitsverdichtung, besonders in Branchen mit Schichtdienst.
Praktische Auswirkungen auf die Schichtplanung
Für mittelständische Unternehmen mit kontinuierlicher Produktion könnten die Folgen der Streichung des Ostermontags konkretere Planungsvorteile bringen. Im Frühjahr ließen sich Produktionskapazitäten besser auslasten, da saisonale Schwankungen geringer sind als im Winter. Allerdings müssten Betriebsräte sicherstellen, dass zusätzliche Arbeitstage nicht zu unregelmäßigen Schichtplänen führen, die die Work-Life-Balance belasten. Erfahrungen aus der Automobilbranche zeigen, dass flexible Regelungen wie Freizeitausgleich Akzeptanz schaffen können. Ohne solche Lösungen drohen Konflikte zwischen Management und Belegschaft.
Gemeinsame Lösungen statt Einzelinteressen
Leibinger-Kammüller plädiert für einen Dialog zwischen Arbeitgebern, Gewerkschaften und Politik, ähnlich der konzertierten Aktion der 1960er Jahre. Nur so lasse sich ein Kompromiss finden, der Wettbewerbsfähigkeit stärkt und soziale Absicherung bewahrt. Für Entscheider im Mittelstand bedeutet dies, lokale Lösungen zu erproben, etwa durch betriebliche Vereinbarungen zu Brückentagen oder den schrittweisen Ausbau von Gleitzeitmodellen. Die Debatte zeigt, dass die Balance zwischen Produktivität und Arbeitsqualität eine zentrale Aufgabe für den Industriestandort Deutschland bleibt.
