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Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln zeigt: Im Jahr 2024 blieben rund 250.000 Fachkräftepositionen unbesetzt. Gesundheitswesen und Bauwesen sind besonders betroffen. Zusammen entfallen fast ein Drittel der offenen Stellen auf diese beiden Branchen. Im Gesundheitssektor konnten mehr als 46.000 Stellen nicht besetzt werden. Das ist der höchste Wert unter allen Branchen.
Gleichzeitig kämpfen 53 Prozent der Bauunternehmen mit Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen. Im Tiefbau liegt der Anteil sogar bei 61 Prozent. Die Zahlen verdeutlichen: Der Fachkräftemangel bleibt ein strukturelles Problem, das Schlüsselbereiche wie Energiewende und Digitalisierung gefährdet.
Auch wenn die wirtschaftliche Schwäche die Zahl der offenen Stellen insgesamt senkt, fehlt qualifiziertes Personal weiterhin. In der IT schrumpfte die Zahl der vakanten Positionen 2024 um 26,2 Prozent auf 46.431. Trotzdem bleiben über 13.500 IT-Stellen rechnerisch unbesetzt. Im Ingenieurwesen ging die Zahl offener Stellen im zweiten Quartal 2024 um 21,2 Prozent zurück, doch das Niveau liegt deutlich über dem Vor-Pandemie-Jahr 2019. Kurzfristig passen Branchen ihre Personalplanung an, langfristig sind sie allerdings weiter auf Fachkräfte angewiesen.
Ein zentrales Problem ist die Abwanderung von Beschäftigten aus Engpassberufen. Eine Analyse des RWI zeigt: Zwischen 2022 und 2023 verließen rund 191.000 Menschen solche Berufe, während nur 167.000 neu hinzukamen. Hauptgründe sind schlechte Arbeitsbedingungen und unattraktive Löhne. Im Pflegebereich wandern zwei Drittel der Fachkräfte völlig in andere Berufsfelder ab. Dadurch gehen wertvolle Kompetenzen verloren. Für den Mittelstand ergeben sich daraus doppelte Herausforderungen: Es fehlt Personal, und zugleich steigt der Druck, bestehende Mitarbeitende durch bessere Rahmenbedingungen zu binden.
Für kleine und mittlere Unternehmen verschärft sich die Lage durch begrenzte Ressourcen in der Personalabteilung. In vielen KMU arbeiten weniger als ein Prozent der Beschäftigten im HR-Bereich, was die Suche nach Spezialisten enorm erschwert. Externe Personalberatungen und gezieltes Outsourcing bieten hier Lösungsansätze. Durch Auslagerung zeitaufwendiger Rekrutierungsprozesse gewinnen Mittelständler Kapazitäten für Entwicklung und Bindung der Mitarbeitenden. Gleichzeitig setzen Unternehmen vermehrt auf langfristige Partnerschaften mit Dienstleistern – mit Fokus auf Haltung und strategische Ausrichtung statt auf kurzfristige Kosten.
Um dem Fachkräftemangel nachhaltig zu begegnen, braucht es branchenübergreifende Anstrengungen. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) betont, dass dual ausgebildete Fachkräfte und MINT-Absolventen dringend gesucht werden. Gleichzeitig müssen Arbeitsbedingungen verbessert werden, um Abwanderung zu stoppen. Für den Mittelstand heißt das: Flexible Arbeitsmodelle, Weiterbildungsangebote und eine moderne Unternehmenskultur sind kein Kostenfaktor, sondern eine strategische Notwendigkeit. Wer heute in die Bindung seiner Mitarbeitenden investiert, sichert nicht nur den eigenen Erfolg, sondern stabilisiert auch kritische Zukunftsbereiche.
