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Die EU-Kommission hat in der vergangenen Woche konkrete Vorschläge zur Änderung des geplanten Verbrenner-Verbots vorgelegt. Statt wie ursprünglich beschlossen ab 2035 nur emissionsfreie Neuwagen zuzulassen, soll künftig eine 90-Prozent-Reduktion des CO₂-Ausstoßes für Fahrzeugflotten gelten. Das könnte bedeuten, dass auch nach 2035 neue Autos mit Verbrennungsmotoren auf den Markt kommen, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen. Der Vorschlag muss nun vom Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten genehmigt werden. Die deutsche Bundesregierung hatte Druck für eine Lockerung gemacht.
Bundesregierung setzt auf „hocheffiziente Verbrenner“
Bundeskanzler Friedrich Merz begrüßte die Pläne der EU-Kommission ausdrücklich. Er betonte, die Klimaziele blieben unverändert, doch der Weg dorthin müsse flexibler gestaltet werden. Die Bundesregierung hatte bereits im November Brüssel geschrieben, sogenannte „hocheffiziente Verbrenner“ auch nach 2035 zuzulassen. Wie dieser Begriff konkret definiert wird, ist unklar. Merz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder streben eine generelle Weiterzulassung effizienter Verbrennungsmotoren an. Das Umweltministerium verweist auf Ausnahmen nur für Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range-Extendern. Die Diskrepanz zeigt: In der schwarz-roten Koalition gibt es noch keine Einigung über den konkreten Umfang der geplanten Lockerung.
Industrie fordert Ausnahmen für Hybrid-Technologien
Die deutsche Automobilindustrie drängt entschieden auf Ausnahmen, damit auch nach 2035 Verbrennungstechnik angeboten werden kann. Im Mittelpunkt stehen Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range-Extendern, bei denen ein kleiner Verbrennungsmotor die Reichweite erhöht. Zusätzlich plädieren Hersteller dafür, Fahrzeuge, die ausschließlich mit Biokraftstoffen oder synthetischen E-Fuels betrieben werden, als klimaneutral einzustufen. Begründet wird dies mit der langen Entwicklungszeit neuer Modelle und der Sorge, beim strikteren Verbrenner-Verbot den Anschluss an internationale Wettbewerber zu verlieren. Gleichzeitig betont die Branche, dass Elektromobilität weiterhin die zentrale Zukunftstechnologie bleibt, ergänzt durch weitere Antriebskonzepte.
Kritik von Umweltverbänden und EU-Partnern
Umweltorganisationen wie Greenpeace warnen vor den Folgen einer Aufweichung. Bereits 2017 sei gefordert worden, ab 2025 keine neuen Verbrenner mehr zuzulassen, um die Klimaziele bis 2035 zu erreichen. Eine 90-Prozent-Reduktion reiche nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Spanien verweist darauf, dass Lockerungen Europas Wettbewerbsfähigkeit gefährden und Arbeitsplätze kosten könnten. Ähnliche Bedenken äußern Experten. Sie fürchten, eine unklare Regelung könne Investitionssicherheit für die Industrie schmälern.
Nächste Schritte im EU-Verfahren
Das Europäische Parlament und der Rat der EU müssen den Vorschlag prüfen. Mehrere osteuropäische Länder wie Ungarn, Polen und die Slowakei unterstützen die Lockerung. Südeuropäische Staaten wie Spanien halten am ursprünglichen 100-Prozent-Ziel fest. In Deutschland zeigt eine Umfrage, dass zwei Drittel der Bevölkerung die geplante Aufweichung befürworten. Für technologische Entscheider in der Automobilzulieferindustrie bedeutet das Planungsunsicherheit. Sollten die neuen Regeln kommen, müssten Produktion und Forschung kurzfristig angepasst werden. Es bleibt abzuwarten, ob die EU-Kommission bis zur endgültigen Abstimmung weitere Klarstellungen liefert. Konkret fehlen noch Festlegungen zur Definition von „hocheffizienten Verbrennern“ und zur Rolle synthetischer Kraftstoffe.
