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Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass EY dem Insolvenzverwalter von Wirecard umfassende Unterlagen liefern muss. Das Gericht bestätigte damit die Klage von Michael Jaffe, der seit Jahren Belege sucht, ob Prüfer Pflichtverletzungen begangen haben. Es heißt, auch persönliche Notizen der EY-Mitarbeiter sowie vertrauliche Hintergrundinformationen sollen offengelegt werden. Der Rechtsstreit endet damit nach einer langen Auseinandersetzung, in der EY sich gegen Offenlegung gewehrt hatte.
Umfang der herauszugebenden Unterlagen
Der Insolvenzverwalter erhält Zugriff auf Unterlagen der Prüfungen aus den Jahren 2016 bis 2019. Dazu zählen nicht nur die offiziellen Prüfungsakten, sondern auch interne Aufzeichnungen, die Aufschluss über die Arbeitsweise der Prüfer geben könnten. Ein besonderes Augenmerk gilt einer 2016 eingeleiteten Sonderuntersuchung zu angeblich überhöhten Kaufpreisen bei einer Übernahme in Asien. Wirecard brach dieses Projekt später ab. Unterlagen zu den Bilanzen 2014 und 2015 bleiben ausgeschlossen, da der Anspruch nach Auffassung des BGH verjährt ist.
Hintergrund des Rechtsstreits
EY prüfte die Wirecard-Abschlüsse seit 2009. Bis 2018 erteilte EY regelmäßig uneingeschränkte Bestätigungsvermerke, obwohl interne Bedenken bekannt waren. Erst für das Geschäftsjahr 2019 verweigerte EY das Testat. Kurz danach wurde bekannt, dass 1,9 Milliarden Euro aus asiatischen Treuhandkonten nicht existierten. Die Insolvenz des ehemaligen DAX-Konzerns gilt als einer der größten Bilanzskandale in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. EY argumentierte, die Herausgabe der Akten könne das Vertrauensverhältnis zwischen Prüfern und Mandanten untergraben. Der BGH wies diese Sichtweise nun zurück.
Bedeutung für die Aufklärung des Skandals
Für den Insolvenzverwalter Michael Jaffe ist die Entscheidung ein wichtiger Schritt, um mögliche Schadensersatzansprüche gegen EY zu prüfen. Die Akten könnten zeigen, ob die Prüfer trotz erkennbarer Unregelmäßigkeiten jahrelang fehlerhafte Bilanzen absegneten. Branchenkenner erwarten, dass die Dokumente auch Aufschluss über die Kommunikation zwischen EY und dem Wirecard-Management geben. Insbesondere in den kritischen Phasen vor dem Zusammenbruch könnten Hinweise enthalten sein. Für mittelständische Unternehmen, die regelmäßig externe Prüfer beauftragen, unterstreicht der Fall die Bedeutung klarer Dokumentationspflichten und die Risiken mangelnder Prüftiefe.
