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Australien stärkt seine Rolle als Rohstofflieferant durch massive Investitionen in die Produktion von grünem Eisen. Staatliche Förderprogramme im Milliardenrahmen und internationale Partnerschaften sollen die heimische Stahlindustrie klimafreundlich umbauen und zugleich neue Exportmärkte eröffnen. Für deutsche Stahlhersteller ergeben sich Chancen und Risiken: Wenn australische Rohstoffe künftig Standard in der dekarbonisierten Stahlproduktion werden, könnte sich die globale Wertschöpfungskette dauerhaft verändern.
Australiens Strategie: Vom Rohstofflieferanten zum Technologieführer
Die Regierung hat den Green Iron Fund ins Leben gerufen. Er umfasst eine Milliarde Australische Dollar. Ein Schwerpunkt liegt auf der Sanierung des Whyalla-Stahlwerks in Südaustralien, wofür 500 Millionen Dollar bereitgestellt werden. Ziel ist, die Emissionen des Werks bis 2025 um 90 Prozent zu senken und den Standort zum Zentrum für grünes Eisen auszubauen. Über den National Reconstruction Fund fließen zusätzlich zehn Milliarden US-Dollar in die Dekarbonisierung der Industrie, darunter Forschungsprojekte zu emissionsarmen Stahltechnologien. Diese Maßnahmen sichern langfristig die Nachfrage nach australischem Eisenerz und positionieren Australien als Vorreiter bei grünen Metallen.
Großprojekte im Gigamaßstab heben die Produktion auf eine neue Ebene
Im Westen Australiens entsteht das Mid-West Green Iron Projekt, eines der weltweit größten Vorhaben für grünes Eisen. Der Betreiber Progressive Green Solutions plant, jährlich sieben Millionen Tonnen grüne Eisenpellets zu erzeugen, von denen die Hälfte zu heiß brikettiertem Eisen weiterverarbeitet wird. Für die Wasserstoffproduktion kommt Thyssenkrupp Nucera als Lieferant von Elektrolyseuren mit einer Gesamtleistung von 1,4 Gigawatt zum Einsatz. Die Anlage nutzt lokales Magnetit-Erz, erneuerbare Energien und grünen Wasserstoff. Dadurch sollen die CO2-Emissionen gegenüber der herkömmlichen Stahlherstellung um bis zu 90 Prozent sinken. Die ersten Exporte sind für 2029 vorgesehen, langfristig strebt das Projekt eine Produktion von bis zu 30 Millionen Tonnen Grünpellets an.
Bilaterale Kooperation: Deutschland und Australien gestalten gemeinsame Lieferketten
Deutschland ist eng in die australischen Vorhaben eingebunden. Die Machbarkeitsstudie Sustainable Steel from Australia and Germany (SuSteelAG) prüft, ob grünes Eisen aus Australien direkt importiert oder Eisenerz und grüner Wasserstoff separat eingeführt werden sollten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Verarbeitung minderwertiger Eisenerze, die in Australien reichlich vorhanden sind, bislang aber nicht mit Wasserstoff reduziert werden konnten. Wissenschaftler der BAM arbeiten mit australischen Partnern an einem neuen Verfahren mit Drehrohröfen, das flexibler ist als herkömmliche Schachtöfen. Ziel ist eine klimafreundliche Wertschöpfungskette, die beide Länder stärkt.
Auswirkungen auf deutsche Stahlhersteller: Chancen und Wettbewerbsdruck
Deutsche Stahlunternehmen sehen zwei Perspektiven. Grüne Rohstoffe aus Australien können die Dekarbonisierung beschleunigen, ohne die gesamte Produktion umzubauen. Langfristig könnte jedoch ein Wettbewerbsnachteil entstehen, falls australische Anbieter günstigere grüne Rohstoffe liefern. Kleine und mittlere Unternehmen sollten früh prüfen, ob sie Partnerschaften mit australischen Anbietern eingehen oder eigene grüne Lieferketten aufbauen. Die Entwicklung zeigt zudem, dass die Stahlindustrie nicht mehr ausschließlich am Standort gemessen wird. Wer Zugang zu günstigem grünem Wasserstoff und zu erneuerbaren Energien hat, gewinnt an Wettbewerbsfähigkeit.
Herausforderungen bleiben: Wirtschaftlichkeit und Zeitplan
Trotz des ambitionierten Ausbaus gibt es noch Hürden. Branchenvertreter wie Rio Tinto weisen darauf hin, dass es derzeit kaum wirtschaftliche Anreize für grünen Stahl in Australien gibt. Die hohen Investitionskosten lassen sich nur durch staatliche Förderungen tragen. Zudem ist unklar, ob die Exporte ab 2029 wie vorgesehen starten können, weil Technologien noch in der Entwicklungsphase sind. Trotzdem gilt Australien als Vorreiter, weil es Sonne, Wind und Eisenerz strategisch kombiniert. Für deutsche Entscheider bedeutet das: Die globale Rohstofflandschaft verändert sich. Wer frühzeitig in Partnerschaften und langfristige Lieferverträge investiert, kann sich einen Vorteil sichern.
