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Die thüringische Landesregierung hat vor über zwei Jahren eine klare Strategie für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft beschlossen. Grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien soll künftig eine Schlüsselrolle bei der Dekarbonisierung energieintensiver Industrien wie Glas- und Keramikbranche spielen. Doch bei der Umsetzung gibt es Verzögerungen. Unternehmen berichten von mangelnder Nachfrage, unklaren Förderbedingungen und einer noch lückenhaften Infrastruktur, die Investitionen erschweren.
Industrie braucht Planungssicherheit
Für viele mittelständische Betriebe in Thüringen ist Wasserstoff derzeit kein praktikabler Ersatz für fossile Brennstoffe. Besonders in Hochtemperaturprozessen wie Schmelzöfen oder in der Stahlproduktion gilt der Energieträger als zentrale Option für Klimaneutralität. Ohne verlässliche Rahmenbedingungen zögern Unternehmen, in Elektrolyseure oder Anpassungen ihrer Anlagen zu investieren. Ein Beispiel ist das Stahlwerk Thüringen in Unterwellenborn. Es ist in Planungen für Wasserstoffeinsatz eingebunden, wartet aber auf klare Signale aus der Politik. Ähnlich verhalten sich Glashersteller, die bis 2030 Erdgas vollständig ersetzen müssten, aber noch nicht ausreichend grünen Wasserstoff beziehen können.
Infrastruktur wächst nur langsam
Ein zentrales Projekt zur Überwindung dieser Hürden ist das TH2ECO-Ökosystem. Ziel ist eine regionale Wasserstoffwirtschaft in Thüringen. Geplant sind unter anderem eine multifunktionale Tankstelle im Güterverkehrszentrum Erfurt und ein 500 Kilometer langes Verteilnetz bis 2029. Bereits 2028 soll Wasserstoff über bestehende Gasleitungen nach Thüringen gelangen. Netzbetreiber warnen jedoch: Ohne gesicherte Refinanzierungsmodelle bleibt der Ausbau teuer und riskant. Das bundesweite Kernnetz für Wasserstoff ist staatlich abgesichert, doch klare Regelungen fehlen für regionale Verteilnetze. Deshalb warten Standorte wie der Chemiestandort Bad Köstritz oder das Erfurter Kreuz auf verbindliche Zeitpläne.
Förderung muss auf KMU ausgerichtet sein
Die Landesregierung hat zwar eigene Mittel für Wasserstoffprojekte bereitgestellt. Dazu zählen fünf Millionen Euro für emissionsfreie Busse und 20 Millionen aus dem EU-Regionalprogramm. Laut Unternehmensangaben reichen diese Summen jedoch nicht aus, um Anreize für kleine und mittlere Betriebe zu schaffen. Großprojekte der Bundesregierung erhalten andere Förderinstrumente als der Mittelstand. Thüringens Energieminister Tilo Kummer plädiert dafür, Teile der bisherigen EEG-Förderung für erneuerbare Energien in Wasserstoffprojekte umzuleiten. Die Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur ThEGA soll Unternehmen zudem stärker bei der Identifizierung von Fördermöglichkeiten unterstützen.
Praxisprojekte zeigen Lösungsansätze
Dennoch gibt es Erfolge. Das TH2ECO-Mobility-Projekt im GVZ Erfurt soll bis 2025 die CO2-Emissionen um 15 Prozent senken und bis 2030 um 30 Prozent. Geplant ist eine Tankstelle für Lkw und Busse, um ein praxisnahes Modell für die Mobilitätswende zu schaffen. Ähnliche Initiativen zeigen, dass regionale Lösungen funktionieren, etwa die Beimischung von Wasserstoff ins Gasnetz für die Fernwärme Erfurts. Um diese Erfolge zu vervielfachen, fordern Branchenvertreter mehr Tempo bei Anreizen – sowohl vom Bund als auch vom Land.
